Freitag, 1. Dezember 2006

Hypertext

Grundlage des folgenden Beitrages ist der Text von Martin Gasteiner und Jakob Krameritsch: Schreiben für das WWW: Bloggen und Hypertexten, in: Wolfgang Schmale (hrsg.): Schreib-Guide Geschichte, 2. Aufl., Wien 2006, Seite 243-271

Wenn man sich mit Hypertext beschäftigt, muss man sich immer vor Augen halten, dass bei diesem Nichtlinearität, Assoziation und Vernetzung im Vordergrund steht. Querverbindungen stellen das tragende Element des Hypertext dar. Hypertext verfügt weder über einen klar bestimmten Anfang, noch ist ein Hauptteil zu erkennen. Von einer Schlussbemerkung oder Zusammenfassung ganz zu schweigen. Es werden alle Elemente des Textes hierarchisch gleichgestellt. Ebenso musst bereits bei der Konzeption von Hypertext darauf geachtet werden, dass eine lineare Reziption nicht möglich ist.
Die Linguistin Angelika Storrer (Kohörenz in Text und Hypertext, in: Henning Lobin (Hrsg.): Text im digitalen Medium. Linguistische Aspekte von Textdesign, Texttechnologie und Hypertext Engineering, Wiesbaden 1999, Seite 33-65) unterscheidet zwischen folgenden Textsequenzierungen:
-) Monosequenzierte Texte: Diese sind auf eine vollständige Lektüre ausgelegt. Ein Austausch einzelner Segmente ist nur schwer durchführbar, vor allem weil dabei dabei das Verständnis des Textes auf der Strecke bleiben kann. Romane sind Beispiele für solche Textsorten.
-) Mehrfachsequentierte Texte: Zweck dieser Texte ist es, dass der Leser die Möglichkeit hat, den Text zu verschiedenen Zwecken jeweils abschnittsweise zu lesen. Wissenschaftliche Handbücher folgen meist diesem Prinzip.
-) Unsequenzierte Texte: In diese Kategorie fällt beispielsweise der Hypertext, da die Texte in beliebiger Reihenfolge rezipiert werden können.

Um mit Hypertext zu arbeiten ist ein Computer unabdingbar, da er nicht nur für die Erstellung zwingend notwendig ist, sondern er auch für die Navigation im Text selbst unerlässlich ist. Um Hypertext zu kreiren, muss man zunächst den Text in verschiedene, sogenannte "informelle Einheiten" aufspalten und diese dann mittels Verlinkung wieder zusammensetzen. Diese beiden Schritte sind integrale Bestandteile des Hypertextes. Zusätzlich müssen die jeweiligen "informellen Einheiten" kohäsiv geschlossene Texte sein, d. h. in sich abgeschlossen und selbsterklärend. Man muss nicht bereits einen anderen Textbaustein rezipiert haben, um einen anderen zu verstehen. Allerdings sollte der Hypertext dazu anregen, den Links zu folgen um zu anderen Elementen zu gelangen. Der Hypertext als Sprungbrett zu anderen Themen. Was die Länge des Hypertext betrifft empfiehlt sich die Faustregel von 2.500 Zeichen, da ein darüber hinausgehendes Mass den User meist dazu veranlasst, den Text in herkömmlicher Papierform zu rezipieren.
Diesbezüglich stellt der Hypertext folgende Anforderungen an seinen Verfasser:
1) prägnante Formulierungen
2) Einzelne Elemente stehen für sich und sind selbsterklärend
3) Anregung zum weiterstöbern im Text-Netzwerk soll gegeben werden und damit im Zusammenhang:
4) Links zu anderen Themen-Einheiten

Wobei hier noch erwähnt werden muss, dass beim Hypertexten das Risiko des "lost in hyperspace"-Effektes besteht, d.h. dass sich der User im "Textdschungel" verirrt und ihm die Lust am "Weiterschmöckern" genommen wird.

Als Beispiel für das kollektive Hypertexten für das Autorenteam die Seite pastperfect.at an, welche bereits in einem vorangegangenen Beitrag überblicksmässig analysiert wurde. An dieser Seite arbeitete ein Autorenkollektiv und es wird ersichtlich, welche Probleme und Möglichkeiten sich dadurch ergeben.
Als erstes ist zu erwähnen, dass die Hypertexte als homogene Einheit präsentieren sollten. Und diesbezüglich ist es unerlässlich, Standards zu erarbeiten und umzusetzen, damit dem User ein "fließender" Übergang ermöglicht wird. Hierbei bietet sich ein sogenanntes Content Management System (CMS) an, welches das Autorenteam unterstützt. Mithilfe dieses Systems ist die Integration von "informellen Einheiten" sowie deren Vernetzung möglich. Somit erspart man sich das mühsame selbstständige Setzen von direkten Links, von Einheit zu Einheit. Bereits bei der Architektur der Vernetzung sind allerdings die inhaltliche Gewichtung und die Interpretationen des Team ersichtlich. Das Üben von Team- und Kommunikationsfähigkeit, welche im heutigen Berufsleben zunehmend verlangt wird, wird ebenfalls durch das Produzieren von Hypertext ermöglicht.

Weiters stellen Gasteiner/Krameritsch den Hypertextcreater vor. Hierbei handelt es sich um Content Management System (CMS), welches Unterstützung für Studierenden bei der "mediengerechten" Produktion, Aufbereitung und Vernetzung von Inhalten bietet. Die Vernetzung erfolgt über sogenannte Attribute, welche man selbst festlegt und in das CMS integriert. Personen oder zentrale Begriffe bieten sich beispielsweise dafür an. Darüber hinaus regt Hypertext auch zu einer Änderung der Denkweise an, da man nicht nur auf die eigenen "informellen Einheiten" achten muss, sondern auch die entsprechende Vernetzung in seinen Denkprozess miteinbeziehen muss.
Demnach ist auch zu bedenken, dass das Denken in Zusammenhängen und in Assoziations- und Verweisungsmustern für das Produzieren von Hypertext zwingend erforderlich ist.

FAZIT: Ich betrachte den Text von Gasteiner/Krameritsch als durchaus gelungen (soweit ich mir als Laie ein solches Urteil überhaupt erlauben darf). Man wird darüber in Kenntnis gesetzt, was Hypertext im eigentlichen Sinn bedeutet und es werden die verschiedenen Textsorten nähergebracht und (für mich von Bedeutung) mit Beispielen versehen. Darüber hinaus fand ich den Abschnitt betreffend der Arbeit an pastperfect.at interessant, da man so einen Einblick bekommt, welche Organisation hinter einem solchen Projekt steckt und welche Probleme auftreten können und einer Lösung bzw. Angleichung bedürfen. Wichtiger Bestandteil des Produzierens von Hypertext ist meiner Meinung nach das Umdenken, da man ja nicht nur seinen eigenen Text im Auge behalten muss, sondern diesen auch im Gesamtumfeld sehen und entsprechend adaptieren muss. Der Text der beiden Autoren führt behutsam in das Thema Hypertext ein und überfordert den Leser keineswegs mit fachspezifischen Termini oder ähnlichem.

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